PINGPONGPARKINSON ÖSTERREICH

Teil 1 Einführung

Der PingPongParkinson ÖSTERREICH ist der bundesweite Zusammenschluss von Einzelpersonen und Selbsthilfegruppen, die sich in ehrenamtlicher Arbeit – mit dem Mittel Tischtennis – um Personen mit Parkinson und deren Angehörige kümmern.

Der PingPongParkinson ÖSTERREICH (PPP) ist ein gemeinnütziger Verein. Er möchte die rund 24.000 von Parkinson betroffenen Menschen in ÖSTERREICH von den Sofas und der häufigen Isolation, weg, unter die Menschen und hinein in die PPP-Gruppen bringen.

Tischtennis

Tischtennis ist die fünftbeliebteste Sportart der Welt und eine der beliebtesten Ballsportarten überhaupt. In Freibädern, Jugendherbergen, auf Schulhöfen, in Parks oder Hotels, Tischtennistische gibt es viele und gespielt hat es wohl (fast) jeder schon einmal, denn kaum eine andere Sportart lässt sich so problemlos und ohne große Vorkenntnisse spielen – und das zu jeder Jahreszeit.

Ein Wettkampf-Schläger kann bis zu 300 Euro kosten! Ein Tischtennis-Tisch bekommt man kaum unter 500 Euro. Tischtennis ist dennoch ein günstiger Sport. Um anzufangen, reicht ein guter Schläger aus dem Fachhandel, den es schon ab 30 Euro gibt.

Und das weitere Material wie Tische, Netze und Bälle stellt in der Regel der Verein zur Verfügung, in dem die PingPongParkinson-Teilnehmer spielen. Um die Kosten der lokalen Sportvereine für das Material und gegebenenfalls den Trainer zu decken, werden die PPP-Teilnehmer aktive Mitglieder des Vereins, in dem sie Tischtennis spielen. Auch für die Vereine, die in der Regel leider mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen haben, wird PingPongParkinson damit attraktiv.

PingPongParkinson

Der Mittelpunkt der Tätigkeit von PPP ist es, und den Betroffenen und den Angehörigen Informationen und den gegenseitigen Austausch anzubieten. Dafür hat sich das Mittel Tischtennis als ideal herausgestellt.

Das Konzept von PingPongParkinson beruht darauf, dass es Tischtennis für jedermann mit Parkinson, völlig unabhängig von den persönlichen Eignungen, also vom Anfänger bis zum Weltmeister, anbieten möchte.

Selbst wenn es derzeit noch keine wissenschaftlichen Beweise gibt, sind sich alle Betroffenen, die es ausprobiert haben, sicher: Die fortschreitende Verschlechterung der Symptome der Parkinson-Krankheit kann durch das Spielen von Tischtennis als physikalische Therapie verlangsamt werden.

Darüber hinaus

  • unterstützt der PingPongParkinson ÖSTERREICH die PingPongParkinson-Initiative weltweit, zum Beispiel durch Unterhalt des entsprechenden Internetangebotes und in regelmäßigen Telefonkonferenzen mit Nenad Bach in New York oder der Unterstützung der dänischen Freunde bei ihrem Vorhaben ein eigenes PPP-Treffen zu veranstalten.
  • arbeitet PPP aktiv an Beratungsangeboten für Betroffene und Angehörige. Das entsprechende online-Angebot ist in der sukzessiven Entstehung.
  • Nimmt PPP an wissenschaftlichen Kongressen teil.
  • Ist PPP mit Universitäten und Hochschulen wegen der weiteren Erforschung der Wirkungen von Tischtennis bei neurologischen Erkrankungen im Gespräch.
  • Möchte PPP die unbestritten positiven Eigenschaften des Tischtennis bei neurologischen Erkrankungen gerne in Zukunft ausbauen und das Angebot zum Beispiel auch Demenz-Erkrankten anbieten.

Teil 2

Soziale sowie medizinisch therapeutische Aspekte

Grundlagen

Morbus Parkinson ist der langsam fortschreitende Verlust von Nervenzellen. Parkinson ist unheilbar und mit 100 bis 200 Fällen pro 100.000 Einwohnern die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Es gibt mehr als 6 Mio. Betroffenen[1] auf der Welt. Die geschätzte Zahl der an Parkinson erkrankten Patienten liegt in ÖSTERREICH bei bis zu 24.000.[2]

Zur Ausführung einer Körperbewegung erfolgt im Gehirn die Bildung eines Bewegungsimpulses. Dieser Impuls wird als elektrisches Signal über das Großhirn, Hirnstamm, Rückenmark und Nervenfasern zu den für die Bewegung benötigten Muskeln geleitet. Diese Leitungen sind an bestimmten Stellen, den Synapsen, unterbrochen. Hier wird der Bewegungsimpuls nicht elektrisch, sondern auf chemischer Basis über den synaptischen Spalt zwischen den Nervenzellen übertragen.

Einer der für die Übertragung der Reize benötigten chemischen Stoffe ist das Dopamin. Im Gehirn von Parkinson- Patienten führt der Untergang von Zellen in bestimmten Bereichen des Gehirns dazu, dass die Produktion von Dopamin eingeschränkt ist. Dieses führt dazu, dass Bewegungsimpulse ungenügend weitergeleitet werden und es somit zu Bewegungsstörungen kommt.

Symptome

Der Verlust der Dopamin produzierenden Nervenzellen führt zu verschiedensten Symptomen, die wichtigsten lassen sich in motorische und nichtmotorische Symptome unterscheiden.

Die motorischen Kardinalsymptome sind:

  • Bradykinese (Akinese, Hypokinese)

Die Bradykinese hat eine Bewegungsarmut zur Folge, die Patienten können schlecht Bewegungen initiieren und haben auch Schwierigkeiten, eine Bewegung ausdauernd durchzuführen. Deshalb werden die Bewegungen langsamer, kleiner und kommen schließlich ganz zum Stillstand.

  • Tremor

Der Tremor ist ein Ruhe- oder später auch Haltetremor und primär davon abhängig, wie aufgeregt ein Patient ist. Wenn der Betroffene schläft oder entspannt ist, lässt der Tremor oft ganz nach.

  • Rigor

Beim Rigor handelt es sich um eine Steifigkeit in der Muskulatur, die der Patient nicht willkürlich beeinflussen kann. Der Rigor wird als schmerzhaft wahrgenommen.

  • Störung der posturalen Reflexe

Störung der posturalen Reflexe bezeichnet die große Sturzneigung der Patienten. Oft fehlen Ausgleichs- beziehungsweise Schutzschritte. Auch Gegenreaktionen zu Fallbewegungen können nicht oder nur schlecht ausgelöst werden.

  • Freezing

Das Freezing ist ein „Steckenbleiben“ mitten in der Aktivität, der Betroffene kann sich plötzlich nicht mehr bewegen. Dies kann an Engstellen wie Türrahmen passieren oder auch in Stresssituationen wie beim Überqueren der Straße.

Darüber hinaus können weitere Symptome auftreten, unter anderem:

  • Mikrografie: immer kleiner werdende Schrift
  • Dysarthrophonie: Sprechstörungen, die sich oft in unverständlicher, leiser Sprache zeigen
  • Sialorrhoe oder auch Hypersalivation: sieht wie ein vermehrter Speichelfluss aus, ist jedoch eigentlich die Schwierigkeit, den produzierten Speichel zu schlucken.
  • Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Obstipationen
  • Blasenprobleme, die sich in Pollakisurie (häufigem Wasserlassen) äußern
  • Wesentlich dabei ist, die durch die Erkrankung verursachten Symptome von medikamenteninduzierten Beschwerden zu unterscheiden, wie beispielsweise Dys- oder Hyperkinesien: Dabei handelt es sich um überschießende Bewegungen der Arme, Beine oder auch des ganzen Körpers.

[1] bis zu 400.000 Betroffene in ÖSTERREICH

[2] Gerlach, M., Reichmann, H., & Riederer, P. (2007). die parkinson-krankheit. grundlagen, klinik, therapie

Therapie

Es gibt heute noch keine Möglichkeit einer ursächlichen Behandlung des Parkinson-Syndroms, die das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten oder gar mindern könnte. Derzeit ist lediglich die Behandlung der Symptome möglich, die zumindest die Lebensqualität der Patienten etwas länger aufrechterhalten kann.

Die Therapie von Morbus Parkinson ist symptomatisch ausgerichtet, wobei medikamentöse, nicht medikamentöse und, vor allem in fortgeschrittenen Stadien, auch operative Verfahren in Frage kommen.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentösen Therapien beruhen insbesondere auf dem Ersatz des Dopamins. Allerdings ist die Behandlung mit Medikamenten davon gekennzeichnet, dass mit einem Fortschreiten der Krankheit immer häufiger mehrere Medikamente kombiniert werden, welche in immer kürzeren Abständen eingenommen werden müssen, um eine ausreichende Wirksamkeit zu erzielen und Wirkschwankungen zu vermeiden.

1.    Interdisziplinarität

Zu den wichtigsten Zielen der Therapie bei Parkinson gehören die Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der Beweglichkeit, häufig werden aber auch Schmerzfreiheit beziehungsweise -reduktion sowie die Verbesserung der Partizipation und der Selbstständigkeit genannt (Parkinson-Leitlinie DGN, 2016). Die Therapie für Patienten mit Morbus Parkinson muss, auch im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen Symptome, interdisziplinär gestaltet sein.

Die Logopädie behandelt die beim idiopatischen Parkinson-Syndrom in aller Regel auftretenden Stimm- und Sprechstörungen sowie etwaige Schluckprobleme.

Die Ergotherapie hat das Ziel, den Patienten, der in seiner alltäglichen Handlungsfähigkeit beschränkt ist, zu stärken. Der Patient soll sich selbst versorgen können und wieder aktiv in seiner gesellschaftlichen Umwelt tätig sein und so seine Lebensqualität zu verbessern.

Die Physiotherapie soll ergänzend für ein aktives Training sorgen, um die Bewegungsstörungen, die die motorischen Kardinalsymptome bei Morbus Parkinson darstellen, zu therapieren.

Behandlungsziele in der Physiotherapie bei Parkinson sind:

  • Förderung und Verbesserung der Beweglichkeit, der Koordination und des Gleichgewichts
  • Regulierung der Muskelspannung
  • Vermeidung von Versteifungen
  • Förderung von Ausdauer, Kraft und Belastbarkeit
  • Selbstständigkeit und aktive Teilhabe am Leben

2.    Tischtennis (auch) als Teil der physikalischen Therapie bei Parkinson

Personen mit Parkinson (PmP) sollen nicht vorwiegend passiv therapiert werden. Das pro-aktive Tischtennis-Spielen hat einen durchweg positiven Einfluss auf die wichtigsten Behandlungsziele der physikalischen Therapie bei Parkinson.

a.   Förderung und Verbesserung der Beweglichkeit, der Koordination und des Gleichgewichts

Tischtennisspielen fördert das, was die Parkinson-Erkrankung den Betroffenen nimmt, die Beweglichkeit, in dem es, vergleichbar mit Aerobic, den Ober- als auch den Unterkörper beansprucht und dazu bringt, sich auf jede erdenkliche Art und Weise zu bewegen - sich zu drehen, sich tief herunterzubeugen, hoch hinaufzureichen und von einer Seite zur anderen zu drehen.

Zudem werden verschiedene koordinative Fähigkeiten wie die Auge-Hand-Koordination trainiert, da der Ball geschlagen wird, ohne auf den Schläger zu schauen.

Das international anerkannte schwedische Karolinska Institutet kommt in einer Pilotstudie zu dem Ergebnis, dass Tischtennistraining sicher sei, machbar ist und das Potenzial hat, die Gleichgewichtskontrolle und die körperliche Funktion bei Personen mit Parkinson zu verbessern.[1] Zudem berichteten die Teilnehmer, dass das Training Spaß gemacht habe und das Wohlbefinden verbesserte.

„Tischtennis kann eine sogenannte paradoxe Beweglichkeit auslösen. Durch den sensorischen Reiz des sich auf den Patienten zubewegenden Ball wird eine reflexartige Reaktion ausgelöst, so dass sich viele Patienten beim Tischtennis viel besser bewegen, als es bei alltäglichen Bewegungen der Fall ist.“ [2]                  Prof. Dr. med. Georg Ebersbach

b.   Regulierung der Muskelspannung

Bei Parkinson treten zwar keine Lähmungen auf, die Muskelkraft bleibt, zumindest weitgehend, erhalten. Jedoch sind die Muskeln oft, und auch in Ruhe, dauerhaft angespannt. Dieses führt bei den Betroffenen, oftmals im Schulter- und Nackenbereich zu Schmerzen.

Die Regulierung der Muskelspannung dient bei PmP also vor allem der Schmerzreduktion.

Die in trainierten, fließenden Automatismen ausgeführten Bewegungen, das Gefühl, nicht darüber nachdenken zu können, die Millimeter, die darüber entscheiden können, ob ein Ball „kommt“ oder nicht. Tischtennis spielt man nicht bewusst, aber man bewegt sich. Tischtennis fördert den Bewegungsstart und die Bewegungsausführung, und Bewegung ist das beste Mittel zur Regulierung der Muskelspannung.

Weiterhin kann die Sicherheit der Bewegungen durch Tischtennis erheblich gebessert werden. Dazu werden Kraft und Dehnbarkeit trainiert. Selbst die Schnelligkeit lässt sich durch Tischtennis positiv beeinflussen.

Und das Spielen im Unterbewusstsein, das „Abschalten“, das Ausblenden psychischer Anspannung und seelischen Stresses, ist ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor, auch für die Muskelentspannung. Apropos Stress: Tischtennis ist eine hervorragende Art der Stressregulierung, da die Bewegung hilft, die Stresshormone zu neutralisieren. Auch bei Depression und Schlafstörungen soll es lindernde Wirkungen zeigen.

c.   Vermeidung von Versteifungen

Hilfreich in der Parkinson-Therapie können sogenannte Cues sein. Dies sind Schlüsselreize wie Klatschen, Takt, Musik oder auch visuelle Cues wie Linien oder Striche.

Die positive Wirkung von Tischtennis bei Parkinson kann so weit gehen, dass das Klicken des Balles als akustischer Stimulus beim Freezing, einem Symptom der Erkrankung, als Startsignal für die Bewegung dienen kann. Der Kontrast des Balles zum Tisch ist zudem besonders geeignet, um visuell zu stimulieren.

Die Universität in Fukuoka (Japan) hat in einer 6-monatigen Studie untersucht, ob Tischtennistraining die motorischen und nicht-motorischen Funktionen von Patienten mit Parkinson verbessert. 12 Patienten nahmen 6 Monate lang einmal pro Woche am Training teil. Nach drei und sechs Monaten waren signifikante Verbesserungen festzustellen hinsichtlich:

  • Sprechen
  • Schreiben
  • Ankleiden
  • Speichel und Sabbern
  • Aufstehen aus dem Bett, dem Auto oder einem tiefen Stuhl
  • Hobbys und andere Aktivitäten
  • Gehen und Gleichgewicht
  • Gesichtsausdruck
  • Haltungsstabilität und Haltung
  • Steifheit
  • Langsamkeit der Bewegung
  • Handzittern[3]

Benötigten die Teilnehmer zu Beginn der Studie im Durchschnitt mehr als zwei Versuche, um aus dem Bett zu kommen, gelang es mit durchschnittlich einem Versuch am Ende der Studie. Bei der Steifigkeit der Nackenmuskulatur beurteilten die Forscher die Symptome und bewerteten jeden Teilnehmer auf einer Skala von null bis vier, wobei ein Wert von eins für minimale Steifigkeit, zwei für leichte Steifigkeit, drei für mittlere Steifigkeit und vier für schwere Steifigkeit steht. Die durchschnittliche Punktzahl aller Teilnehmer zu Beginn der Studie lag bei drei, während sie am Ende der Studie bei zwei lag.

Zu den unerwünschten Ereignissen gehörten Sturz- und Rückenschmerzen bei jeweils einem Patienten.

„Obwohl diese Studie klein ist, sind die Ergebnisse ermutigend, weil sie zeigen, dass Ping Pong eine relativ kostengünstige Form der Therapie, Symptome der Parkinson-Krankheit verbessern kann“

Kenichi Inoue

d.   Förderung von Ausdauer, Kraft und Belastbarkeit

Tischtennis ist die erste Spielsportart, die im Namen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) das Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT vergeben darf. Das Qualitätssiegel wurde vom DOSB gemeinsam mit der Bundesärztekammer entwickelt. Grundlage hierfür waren zwei Studien des Instituts für Sportwissenschaften der Universität Magdeburg Dieses untersuchte im Jahr 2003 die Wirkung eines gesundheitsorientierten Ausdauertrainings mit Tischtennis. Bei entsprechender Planung und festgelegter Regeln eignen sich Rundlaufvariationen sehr gut für ein Ausdauertraining. Die Möglichkeiten zur Variation der Laufwege bei den Übungsformen ermöglichte den Teilnehmern eine individuelle Steuerung ihres Trainings. Die erzielten Effekte der Untersuchung waren mit den Effekten eines Walkingprogramms vergleichbar.[4]

Zudem beobachten Teilnehmer an dem Trainingsprogramm, dass sich nach einer Tischtennis-Einheit die nachfolgend erforderliche Medikamentendosis reduziert. Dieses liegt mutmaßlich daran, dass L-Dopa als Medikament beim Sport das Gehirn schneller erreicht. Vor dem Hintergrund, dass mit fortschreitender Erkrankung die Wirkungsdauer der heute bekannten Parkinson-Medikamente nachlässt, kann Tischtennis also das Potential haben, die Dauer der Medikamentenwirksamkeit zu verlängern.

"Tischtennis erscheint mir der ideale Sport bei der Parkinsonerkrankung zu sein. Hätte ich diese Erkenntnis früher gehabt, hätte ich Tischtennis bestimmt meinen Parkinsonpatienten empfohlen!“

Dr. med. Rudolf Brodhun,

Facharzt für Neurologie und Psychiatrie

Ehemaliger leitender Arzt der Klinik für Neurologie in Seesen

e.   Konzentrationssteigerung und Gedächtnisverbesserung

Tischtennis ist ein Spiel der Konzentration, Strategie und Koordination und trainiert das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie das Gedächtnis. Man muss sich konzentrieren, um den Ball durch den Raum verfolgen zu können, Spins herausfinden und Schläge und Strategien planen können. Die gefundene Taktik muss erfolgreich ausgeführt werden und dabei sollte man die ganze Zeit ruhig bleiben, damit man beim Spielen nicht zu nervös wird

Dr. Tomohiko Sato und Dr. Teruaki Mori stellen in der bereits zitierten Studie fest, dass es eine objektive Feststellung sei, dass durch das Spielen von Tischtennis die Aufmerksamkeit und die Konzentration sowohl gestiegen sei, als auch länger andauere.[5]

Das Training des Gedächtnisses, also der Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen, ist ein weiterer positiver Aspekt des Tischtennis. Tischtennis erfordert einen entwickelten Sinn für Strategien, der dem des Schachspiels ähnlich ist. Das Spiel beginnt lange vor dem ersten Aufschlag.

Die Bewegungen beim Tischtennis sind dadurch geprägt, dass das Spiel, mit zunehmendem Können, schneller wird. Schnelle Bewegungen werden durch die im Recall-Gedächtnis gespeicherten motorischen Programme kontrolliert. So verbessert Tischtennis die Aufmerksamkeit und stimuliert das kognitive System. Die schnelle Dynamik des Spiels aktiviert auch den Hippocampus, der für das Gedächtnis zuständig ist. Die Bewertung der grundsätzlichen Situation erfolgt hingegen über das Recognition-Gedächtnis, das Parameter für bestimmte Bewegungen speichert. So ist festzustellen, dass Komplexität und Geschwindigkeit der Bewegungen beim Tischtennis zugleich einen geistigen Aufbauprozess fördern und damit Gedächtnistraining sind, da verschiedenen Regionen des Gedächtnisses gleichzeitig angesprochen werden. Tischtennis fördert die psychomotorischen Fähigkeiten, die Reflexe und die Konzentrationsfähigkeit.

Das Modell, Tischtennis als Teil der physikalischen Therapie bei Parkinson einzusetzen, basiert auch auf der Eigenart von Synapsen, Nervenzellen oder ganzen Hirnarealen, sich zwecks Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhängig, hier durch herausfordernde körperliche Betätigung, das Tischtennisspiel, in ihrer Anatomie und Funktion zu verändern, die sogenannte neuronale Plastizität.

Der US-Amerikanische Neurowissenschaftler und Psychiater Dr. Daniel Amen erklärt, das regelmäßige Bewegung die Hormone im Körper anspricht, die das Gehirn jung halten. Körperliche Aktivitäten erhöhen die Durchblutung des Gehirns und fördern die Zellgesundheit. Dr. Amen bezeichnet Tischtennis als die beste Gehirnsportart. In einem Artikel mit dem Titel "Dummheit und das Gehirn" sagt Dr. Amen:

"Golf ist gut. Tennis ist fantastisch. Tischtennis ist der beste Sport der Welt!“

Dr. Daniel Aman

 

f.    Selbstständigkeit und aktive Teilhabe am Leben

Aus psychologischer Sicht gesehen ist Tischtennis die perfekte Therapieform für Parkinsonpatienten. Die Ärzte und Wissenschaftler Dr. Tomohiko Sato[6] und Dr. Teruaki Mori[7] stellen in einer Studie fest, dass ein Grund für die signifikante Verbesserung der Symptome durch Tischtennistraining sei, dass „die Patienten sich an der Tischtennis-Therapie erfreut hätten, was bei anderen, eher funktionalen, Therapien nicht der Fall sei. Sie seien motiviert gewesen, aktiv teilzunehmen.“

„There is no doubt, that table tennis increased their will!“

Dr. Tomohiko Sato, Dr. Teruaki Mori

So kann die Therapie zum Vergnügen werden.

3.    PPP-Tischtennis als Selbsthilfe

Tischtennis als Selbsthilfe? Klingt auf den ersten Eindruck ungewöhnlich. Ist es aber keineswegs!

a.   Gegenseitiger Austausch

Der Austausch der Teilnehmer, aber auch ihrer Angehöriger, die gegenseitige Information und Hilfe – das ist der Weg, den die PingPongParkinson-Gruppen gehen.

Grundlage der Tätigkeit in den Gruppen ist dabei ein aktiver und offensiver Umgang mit der Erkrankung. Die Teilnahme bedeutet ein Plus an Lebensqualität, auch mit Spaß und Geselligkeit. Die Gruppe hebt so die Isolation der Einzelnen auf und stärkt dadurch das Selbstvertrauen und die Solidarität.

Durch die mindestens wöchentlichen Treffen entsteht ein stützender Zusammenhalt, der Verständnis und Trost gibt und Mut macht zu neuer Aktivität und verändertem Verhalten. Nicht selten entstehen sogar echte Freundschaften unter den Teilnehmern.

Neben die unmittelbaren gesundheitlichen Auswirkungen von Tischtennis tritt also, dass PingPongParkinson, durch den automatisch einsetzenden gegenseitigen Austausch der Teilnehmer, das Betreuungspotential einer echten Selbsthilfegruppe hat. Mit dem weiteren psychologischen Vorteil, nicht „zur Selbsthilfe“ zu gehen, sondern zum Tischtennis.

Das gemeinsame Wissen über Parkinson und die Kompetenzen im Umgang damit werden erheblich gestärkt. Die Gruppenleiter bei PingPongParkinson erhalten aus diesem Grund regelmäßige Informationen, wenn es interessante Neuigkeiten zum Thema gibt. So diesen sie als Multiplikator des Wissens, welches geeignet ist, die seelischen und sozialen Folgen der Erkrankung zu mildern.

b.   Verhinderung des sozialen Rückzuges

Viele der Symptome von Parkinson, Apathie, Ermüdung, Depression, Angst, vermehrter Speichelfluss, Inkontinenz, Tremor und Bewegungseinschränkungen können einen sozialen Rückzug bewirken.

Soziale Isolation geht schon im Allgemeinen mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustands einher. Bei PmP sind die Auswirkungen von Einsamkeit und sozialer Isolation auf den Schweregrad der Krankheit sogar größer als unter Einfluss von Stress.

Dr. Indu Subramanian von der University of California Los Angeles, USA, präsentierte die Ergebnisse einer Analyse der selbst berichteten Einsamkeit und sozialen Isolation bei insgesamt 1.746 Patienten mit diagnostiziertem idiopathischem Parkinson-Syndrom, die an der CAM-Care-PD-Studie teilnahmen. [8]

Die wichtigsten Ergebnisse waren:

  • Patienten, die angaben, sich einsam zu fühlen, hatten signifikant höhere PRO-PD-Werte als Patienten, die sich nicht einsam fühlten; der Einfluss auf den Schweregrad war höher als der von Rauchen und Stress
  • Die PRO-PD-Scores zeigten eine starke Assoziation zwischen dem Schweregrad und der Zeit seit der Diagnose
  • Die Bewertung der Lebensqualität ergab, dass Sport an 7 Tagen in der Woche für die Patienten vorteilhaft war, genauso wie das Gefühl der Einsamkeit schädlich war
  • Die Lebensqualität war für verheiratete oder in Partnerschaft lebende Patienten höher als für alleinstehende oder geschiedene Patienten

Dr. Subramanian sagte, dass die Gesundheitssysteme bei der Hilfe für gefährdete PmP proaktiver sein müssten. Sie bot eine Reihe praktischer Tipps an. Der wohl wichtigste:

„Helfen Sie Patienten, mit Selbsthilfegruppen in Kontakt zu treten!“

c.   Einbindung von Angehörigen und Freunden, Abbau von Ängsten

Gleichzeitig zu diesem Verbleib der Betroffenen in der sozialen Gemeinschaft bietet PPP darüber hinaus die Möglichkeit der Einbindung von Familienmitgliedern oder Freunden in die Therapie. Nichts spricht dagegen, dass diese die Person mit Parkinson Ping Pong spielend begleiten und somit unterstützen. Diese Begleitung kann in Einzelfällen auch dazu führen, den Betroffenen etwaige Ängste vor der Teilnahme zu nehmen.

So entstehen um die PingPongParkinson-Gruppen neue Netzwerke nicht unerheblicher Größe die dazu geeignet sind, das soziale Engagement für die PmP und ihre Angehörigen und Freunde zu verbessern

d.   Keine Inhomogenität der Gruppen

Kaum eine Sportart eignet sich so wie der Breitensport Tischtennis für das Miteinander über Alters- und Geschlechts- und Spielstärkenunterschiede hinweg. Hier können Mütter mit ihren Kindern, Opas mit dem Enkel und Tanten mit der Cousine spielen – ein Mindestmaß an Fertigkeiten hat jeder.

„Die Mitglieder meiner Gruppe sind bezüglich des Alters, des Krankheitsverlaufes und der Spielstärke absolut heterogen. Gleichwohl hat die Gruppe eine Eigendynamik entwickelt, die diese Problematik vergessen lässt.“

Christoph De Martin, PPP Dortmund

 

Dabei ist ein großer Vorteil für alle, dass für PingPongParkinson keine übermäßige Anstrengung erforderlich ist, da in den Gruppen vorrangig Ping Pong miteinander und nicht Tischtennis gegeneinander gespielt wird.

In den Gruppen von PPP spielen Unterschiede also eine absolut untergeordnete Rolle.

e.   Bildung einer eigenen Gesundheitskompetenz

PPP verfolgt das Ziel, die PmP langfristig an den Tischtennissport zu binden, sowie die Bildung einer eigenen Gesundheitskompetenz zu fördern, die sich im Idealfall im lebenslangen Sporttreiben äußert. Mit seinem geringen Verletzungsrisiko, Tischtennis ist eine der risikofreisten Sportarten überhaupt, ist Tischtennis eine körperliche Betätigung für jedermann.[9]

Dieses gilt im besonderen Maße für Menschen, die nie oder lange nicht mehr Sport getrieben haben. Gerade diese PmP, denen regelmäßig auch die Durchführung eines eigenen Trainingsprogrammes schwerfallen dürfte, sollen vom Nicht-Sportler zum „Therapie-Sportler“ geleitet werden.

4.    Resümee

Tischtennis verbindet einerseits die sportlichen und gesundheitlichen Aspekte mit dem Spaß am Spiel. Andererseits kann man es nicht alleine spielen. Also kommt man unter Leute, von jedem Alter oder Geschlecht. Man kann sich also unterhalten, muss es aber nicht.

Die fortschreitende Verschlechterung der Symptome der Parkinson-Krankheit kann durch das Spielen von Tischtennis als umfassende physikalische Therapie verlangsamt, bestehende Symptomatiken können verbessert werden.

Neben den ohnehin aktiven Personen mit Parkinson spricht PPP auch diejenigen an, die sich selbst nicht zu einem selbst organisierten Übungsprogramm motivieren können, da hier der Spaß im Vordergrund steht.

 

„Es ist so, als würde man ein 100 Meter Rennen laufen und gleichzeitig eine Partie Schach spielen.“

Bobby Fischer, ehemaliger Schachweltmeister

 

[1] K. Olsson, A. Johansson, E. Franzén. A pilot study of the feasibility and effects of table tennis training in Parkinson’s Disease [abstract]. Mov Disord. 2019; 34 (suppl 2). https://www.mdsabstracts.org/abstract/a-pilot-study-of-the-feasibility-and-effects-of-table-tennis-training-in-parkinsons-disease/. Accessed January 19, 2020.

[2] www.abendblatt.de/hamburg/von-mensch-zu-mensch/article232913511/Ein-Vorbild-beim-Kampf-gegen-Parkinson.html.

[3] Kenichi Inoue, Fukuoka University, American Academy of Neurology, February 25, 2020, https://scitechdaily.com/people-with-parkinsons-experienced-significant-improvements-from-playing-ping-pong/

[4] Quelle: Markus Söhngen, Sportwissenschaftler und Referent für Lehrarbeit im Tischtennis-Verband Niedersachsen e. V.

[5] Table Tennis helps brain disease patients in their rehabilitation treatment

[6] Department of Neurosurgery, Almeida Memorial Hospital, Oita, Japan

[7] Department of Neurosurgery, Oita Medical University, Japan

[8] Subramanian I, et al. Loneliness/social isolation as a risk factor for worsened Parkinson disease severity. MDS 2020;1244. Die Online-Version des Patient-Reported Outcomes Measurement Information System (PROMIS) wurde zur Beurteilung der Lebensqualität verwendet, während die Skala der von den Patienten berichteten Ergebnisse bei der Parkinson-Krankheit (PRO-PD) zur Beurteilung des Schweregrades des Parkinson verwendet wurde.

 

[9] Goupil, Capron, Thoreaux, in: inquiry and health risk management in sports, 2020, S. 687-692, https://www.researchgate.net/publication/340824385_Table_Tennis

Teil 3 Die PPP-Gruppen und die Vereine

Im Internet kann man sich heute umfassend über Morbus Parkinson informieren. Auf den entsprechenden Seiten, wie www.parkins-on-line.de, kann man sich sogar ganz hervorragend mit anderen Betroffenen austauschen. Darüber hinaus gibt es in nahezu jeder deutschen Stadt eine Selbsthilfegruppe zum Thema, in der man den persönlichen Austausch pflegen kann. Dies muss doch auch in Österreich möglich sein. www.pingpongparkinson.at

Was macht die PPP-Gruppen also so besonders?

Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass über kurz oder lang viele der Symptome bei Parkinson dazu führen, dass die Betroffenen sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen.

Hier wollen wir ermutigen, ein sichtbares Teil der Gesellschaft zu bleiben und aktiv und offen mit der Diagnose Parkinson umzugehen. Tischtennis hilft dabei, denn die Betroffenen gehen nicht zur, gerade für jünger Betroffene oft vorbehaltsbehafteten, Selbsthilfe, sondern zu PingPongParkinson.

Wir wissen aus eigener Erfahrung, was die Diagnose Parkinson an Ängsten und Befürchtungen auslöst und wie häufig sich die Betroffenen mit der Situation überfordert fühlen.

Hier wollen wir Gesprächspartner sein, Erfahrungen austauschen, informieren, begleiten und ein Vorbild sein, das zeigt, dass sich mit der Diagnose Parkinson lange gut leben lässt. Tischtennis hilft dabei, denn es ist ein kommunikativer Sport, der schnell das Eis bricht.

Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass mit der Diagnose Parkinson der Weg in die klassische Selbsthilfegruppe auch deshalb schwierig sein kann, weil die Befürchtung besteht, dass das Leid der anderen einen selbst überfordern könnte.

Hier wollen wir Mutmacher und Beispiel dafür sein, dass mit einer entsprechend aktiven Lebensführung die körperliche Fitness auch bei Parkinson erhalten bleiben kann.

Die vor langer, langer Zeit diagnostizierten Mitglieder der PPP-Gruppen, die immer noch mit großer Freude am Tischtennistisch stehen, sind das beste Beispiel dafür.

Im Trainingsteil soll darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer, unabhängig von ihrem Leistungsvermögen, jeder-mit-jedem trainieren. Deshalb werden die Spielpartner während der Übungen regelmäßig gewechselt. Im anschließenden freien Spiel findet sich dann oft ein ebenbürtiger Partner, denn wenn der Gegenüber in etwa gleich gut ist, macht das Training noch mehr Spaß.

Sicherlich kann man sich Tischtennis bis zu einem gewissen Grad selbst beibringen. Mehr Spaß macht es aber, wenn man die Tischtennis-Technik etwas besser beherrscht. Deshalb soll in möglichst vielen Stützpunkten nach fachkundiger Anleitung trainiert werden. So kann schneller ein gesundheitlicher Nutzen erzielt werden - wer die Technik beherrscht, profitiert am meisten.

Die Trainer in den PPP-Stützpunkten haben folgerichtig bestimmte Qualitätskriterien zu erfüllen. Sie benötigen neben der Eignung zum Tischtennis-Übungsleiter weitergehende Kenntnisse zum Krankheitsbild und Übungsformen bei Parkinson.

PPP führt aus diesem Grund in Deutschland mit dem Deutschen Tischtennis Bund (DTTB) einen Dialog über die Möglichkeiten des DTTB ein Schulungsangebot für PPP-Stützpunkttrainer zu entwickeln, die einen Schwerpunkt auf der Parkinson-Symptomatik haben.

Die Kooperationsvereine

Tischtennis ist ein günstiger Sport. Um anzufangen, reicht ein guter Schläger aus dem Fachhandel, den es schon ab 30 Euro gibt. Das weitere Material wie Tische, Netze und Bälle stellt in der Regel der Verein, in dem die PPP-Teilnehmer spielen. Um die Kosten der lokalen Sportvereine für das Material zu decken, werden die PPP-Teilnehmer aktive Mitglieder des Vereins, in dem sie Tischtennis spielen. Auch für die Kooperationsvereine, die in der Regel leider mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen haben, wird PPP damit attraktiv.

PPP-Gruppen

In mittlerweile 80 deutschen Städten und Gemeinden wird, bei ungebrochen steigender Tendenz, Tischtennis gegen Parkinson gespielt.

PingPongParkinson Deutschland